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Wozu eigentlich Psychotherapie?

Wir gehen davon aus, dass jeder Mensch eine Einheit von Körper, Geist und Seele darstellt und in bestimmten sozialen Zusammenhängen und Beziehungen mit seiner lebenden und nicht lebenden Umwelt existiert. D.h. wenn ein Mensch körperlich krank ist, spiegelt sich das auch in seinem seelischen Befinden wider. Andersherum, hat er dauerhaft Ärger oder belastenden Stress in der Familie oder im Beruf, wird sich das in der einen oder anderen Weise früher oder später auf sein körperliches und seelisches Befinden, auch auf seine körperliche wie geistige Leistungsfähigkeit auswirken. Fühlt sich also jemand stets und ständig unglücklich oder benachteiligt, "vergessen" und nicht genügend beachtet und gewürdigt, vielleicht sogar massiv in seiner Existenz bedroht, wird er auch körperlich krank werden. Vielleicht entwickelt er dann Schmerzen, für die der Arzt* keine Erklärungen im Körper findet. Oder vielleicht leidet er unter Herzattacken und Ängsten, für die es scheinbar keine reale Not gibt.

Kurz, zwischen allen diesen Faktoren und Einflüssen, die auf jeden Menschen in seinem Leben auf einzigartige, konkrete Weise einwirken, mit denen er konfrontiert ist und sich damit auseinandersetzen muss, bestehen stets und ständig vielfältige Wechselwirkungen. Die mit funktionellen Störungen, Neurosen und anderen psychischen Störungen, wie auch mit sog. psychosomatischen Krankheitsbildern verbundene Beschwerden und sozialen Konflikte basieren meist auf lebensgeschichtlichen Einflüssen und erlebnisbezogenen Erfahrungen, die häufig verdrängt und nicht mehr bewusst, aber dennoch weiter im Menschen wirksam sind. Oft liegen sie schon sehr lange Zeit zurück.

Über verschiedene Behandlungsverfahren sollen die Beschwerden gelindert bzw. Symptome zum Verschwinden gebracht oder der Betroffene in die Lage gebracht werden, mit der Erkrankung oder den manchmal bereits chronisch gewordenen Beschwerden besser umgehen zu können. Ob eine ambulante Psychotherapie und welches Behandlungsverfahren in Frage kommt, finden Patient* und Therapeut* in vorbereitenden persönlichen Gesprächen gemeinsam heraus. Geht es um eine Einzeltherapie, bildet das einzeltherapeutische Gespräch Grundlage jeder Behandlungssitzung.

In einer Verhaltenstherapie wird der Patient vom Therapeuten dazu angehalten, seine Verhaltensweisen, seine Gedanken, seine körperlichen Reaktionen wahrzunehmen, zu analysieren, zu bewerten und schließlich auf diesem Wege - unter Führung und Anleitung durch den Therapeuten - schrittweise zu verändern. Dies geschieht eher auf der Ebene der Symptomatik und es geht vor allem um eine symptomzentrierte Form der Behandlung, weniger um die Frage nach den Ursachen von Beschwerden.
Leidet ein Patient unter Beschwerden, die Ausdruck eines dem Patienten (noch) nicht bewussten innerseelischen Konfliktes sind, wird eher eine tiefenpsychologisch fundierte oder analytische Psychotherapie angebracht sein. Aufgabe einer solchen Therapie ist es, den oder die für die Symptombeseitigung bzw. -linderung wesentlichen innerseelischen Konflikt(e) im Gespräch mit dem Therapeuten herauszufinden, bewußt zu machen, gefühlsmäßig zu verarbeiten und auf diese Weise umfassend zu verstehen. Dabei sollen möglichst alle Erlebnisse aus dem Alltag und mit dem Therapeuten mitgeteilt, alle dabei aufkommenden Gedanken und Gefühle zugelassen und besprochen werden. Auf diese Weise ermöglicht er seinem Therapeuten, ihn besser zu verstehen, was sein verständlicher Wunsch ist, und zugleich sich selbst besser zu verstehen. Der Therapeut gewährt dafür den notwendigen therapeutischen Schutzraum und die erforderliche Zeit. Er ermutigt den Patienten dabei, auch unangenehme bis "schmerzliche" Erfahrungen und Erkenntnisse zuzulassen, die häufig unumgänglich sind, um wirksame Veränderungen im Erleben und Verhalten des Patienten zu ermöglichen. In helfender und kritischer Auseinandersetzung mit seinem Therapeuten kann der Patient auf diesem Weg wichtige Zusammenhänge zwischen seinen Konflikten und seinen Beschwerden erkennen. Auf diesen erfahrungsbezogenen neuen Einsichten aufbauend kann er dazu kommen, gesündere und befriedigendere Erlebens- und Verhaltensweisen zu entwickeln, zu erproben und sich schließlich auch so zu eigen zu machen, dass er sie in seinem Lebensalltag praktizieren kann.

* Wir verwenden hier der besseren Lesbarkeit halber lediglich die männliche Form.